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Die Moral der Geschicht‘

Die wichtigsten moralischen Grundsätze für Journalistinnen und Journalisten sind Wahrheitstreue und Neutralität.

Hier einige Gedanken dazu.

Ich unterschlage keine Informationen und ich recherchiere so lange, bis ich glaube, der Wahrheit so nah gekommen zu sein, wie es möglich ist. Auch wenn ich weiss, dass Wahrheit im Grossen und Ganzen kaum zu erreichen ist und in unserer unperfekten Welt der Menschen stets auch vom Auge der Betrachter abhängt. Trotzdem: Wahrheitsfindung ist bis zu einem gewissen Punkt möglich. Der Journalismus hat hier ein ähnliches Problem wie die Wissenschaft und ihre Lösung ist die gleiche.

Mit der Neutralität verhält es sich schwieriger als mit der Wahrheit. Zu behaupten, dass ich in meinem persönlichen Blick auf die Welt neutral sein könnte, wäre unrealistisch, sogar unwahr. Aber was ist schon Neutralität? Man müsste sich von sich selbst loslösen, um vollkommende Neutralität zu erreichen. Ein gesichtsloses Wesen werden. Ich bin nicht der Schweizer Nationalstaat, sondern Mensch. Auch als Journalistin.

Und als solche habe ich den Auftrag, auf Ungerechtigkeiten hinzuweisen.

Ich trete mit grösster Neugier auf meine Mitmenschen zu, auch auf solche, die nicht meine politische Meinung teilen. Ich will wissen, wie sie denken und wieso. Ich will genauso Widersprüche wie Gemeinsamkeiten entdecken. Ich will kritisieren, diskutieren, Alternativen aufzeigen und Lösungen finden.

Neutralität kann ich nicht nur dadurch schaffen, dass ich bei einem Problem alle Parteien zu Wort kommen lasse. Ich muss auch mich selbst und meine Position stets reflektieren. Und ich muss offen sein für andere Meinungen.

Meinungsfreiheit ist ein gutes Stichwort. Denn Meinungsfreiheit hat auch Grenzen: Sie endet dort, wo sie benutzt wird, um die Meinungsfreiheit einzuschränken.

Ich bin überzeugt, meine Neutralität ist besser gesichert, wenn meine politischen Überzeugungen offen liegen. Deshalb, zum Ende meines Plädoyers, meine Werte: Ich glaube an die Demokratie. Ich glaube daran, dass der Klimawandel menschgemacht ist. Ich glaube an die Notwendigkeit eines funktionierenden Sozialstaats, damit es allen Menschen besser geht. Ich glaube an Verantwortung für das kollektive Handeln, an Freiheit für alle Geschlechter und Sexualitäten und an Antirassismus. Dabei vertrete ich keine Parteilinie, sondern einfach basic human rights.

P.S.: Ich habe Soziologie, Philosophie und Religionswissenschaft studiert. Mein Fokus im Studium lag auf der Krise der Care-Arbeit, Rechtspopulismus, Religionskonflikten, Kapitalismus, Klimawandel und Verschwörungserzählungen. Sozusagen der ganz normale Wahnsinn.

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