Ein Vorstoss im Grossen Rat verlangt, dass die Unterstützung für Personen mit Impfnebenwirkungen verstärkt wird. Doch der Kanton verweist auf das bestehende Angebot.
Es war ein Erfolg mit Symbolwirkung für impfgeschädigte Personen: Der Grosse Rat des Kantons Bern hat Mitte September einen parlamentarischen Vorstoss teilweise angenommen, der mit sechs Punkten eine «umgehende medizinische Versorgung und umfassende Unterstützungsleistungen für Personen mit schwerwiegenden Covid-19-Impfnebenwirkungen» fordert.
Viele Mitglieder des Grossen Rates argumentierten, dass der Kanton gegenüber den Impfgeschädigten in der Pflicht stehe: «Wenn man schon die Bevölkerung angehalten hat, sich impfen zu lassen, muss man auch die Verantwortung für die Schäden tragen», sagte Anne Speiser-Niess (SVP) im Grossen Rat.
Zwei von sechs Punkten wurden angenommen
Den Vorstoss eingereicht hat Grossrat Samuel Kullmann (EDU). Der Verein Post-Vakzin-Syndrom Schweiz und die Interessengemeinschaft Post-Vac unterstützen ihn. Die erste und die zweite Forderung sind «die interdisziplinäre medizinische Versorgung für Post-Vac-Patientinnen und -Patienten» und die Schaffung einer kantonalen Anlaufstelle für Impfgeschädigte der Covid-Impfung. Die erste Forderung wurde ohne Nein-Stimme, die zweite mit einer Nein-Stimme angenommen.
Ein Angebot besteht schon
Zuständig für die Erfüllung der beiden angenommenen Forderungen ist die kantonale Gesundheitsdirektion. Diese betont, dass im Kanton Bern bereits ein entsprechendes Angebot bestehe.
«Das Inselspital, die Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) und das Reha-Zentrum Bern bieten bereits spezialisierte Sprechstunden und eine interdisziplinäre Versorgung an», schreibt die Gesundheitsdirektion. Es handelt sich hierbei um Long-Covid-Sprechstunden, welche auch für Personen offenstehen, die einen Impfschaden vermuten.
«Wir werden den Bekanntheitsgrad dieser Angebote steigern», stellt die Behörde in Aussicht. Zusätzliche Angebote sind nicht geplant. In seiner Antwort auf den Vorstoss schreibt der Regierungsrat, dass in den Anlaufstellen 747 Personen mit Long Covid und 6 bis 7 Personen mit Post-Vac-Syndrom gezählt wurden.
Die weiteren vier Punkte des Vorstosses scheiterten jedoch im Grossen Rat. Ein «kantonaler Fonds zur Wiedergutmachung für Impfgeschädigte» wurde klar abgelehnt. Die Forderungen für mehr Forschung zu Ursache und Heilung des Post-Vakzin-Syndroms, die Aufklärung der Bevölkerung über die Nebenwirkungen der Covid-19-Impfung sowie eine unabhängige Expertenkommission, um die gesundheitlichen Schäden der Impfung aufzuarbeiten, wurden zwar angenommen, aber abgeschrieben. Das heisst, das Parlament erachtet die Forderungen als bereits erfüllt.
Schwerwiegende Impfreaktionen sind selten
Die Diskussionen rund um den Vorstoss haben gezeigt, dass viele Fragen zum Thema Impfschäden ungeklärt sind. Schwere Reaktionen auf die Covid-19-Impfung sind relativ selten. Laut Swissmedic folgte nur auf rund eine von tausend Dosen eine Meldung mit Verdacht auf unerwünschte Impferscheinungen. Davon sind nur knapp vierzig Prozent als schwerwiegend gemeldet. Bei diesen Meldungen dürfte jedoch die Zahl der tatsächlich schwerwiegenden Reaktionen um einiges kleiner sein. Grund dafür ist das subjektiv geprägte Meldesystem von Swissmedic.
Dieses basiert nicht nur auf Meldungen von medizinischem Personal, sondern zu einem Grossteil auf Meldungen von den betroffenen Personen selbst. Mithilfe eines Formulars können sie ihre eigenen oder die Nebenwirkungen von Angehörigen registrieren. Den Schweregrad ihrer Symptome schätzen sie selbst ein.
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